VorwortOder: Wie eine Idee geboren wurde Dienstag. 19. Dezember 1995. 20 Uhr. Berlin-Prenzlauer Berg. Lychener Straße. Café Fünf Ziegen. Hier hatten sich Sixtus und ich mit einer gewissen Kerstin verabredet. Die Jurastudentin kannte bis dahin keiner von uns. Aber als ich meiner Ex-Kommilitonin Hildrun von meinen noch vagen London-Plänen erzählt hatte, war sofort die Verbindung zu Kerstin hergestellt, da diese bereits längere Zeit in der britischen Metropole gewohnt und gearbeitet hatte. Und genau das war unser Ziel. Der gemeinsame Entschluss stand zu diesem Zeitpunkt bereits felsenfest. Von Kerstin erhofften wir uns nun noch die letzten Tipps und Tricks für unseren dortigen Aufenthalt. Dann war da jenes legendäre Telefongespräch, das irgendwann im September 1995 durch die Leitungen gegangen sein muss und im Wesentlichen so ablief: Sag mal, hast du Lust für ein Jahr mit nach London zu kommen? Darauf kam wie erwartet zunächst als Gegenfrage: Wie? Nicht so richtig jetzt? Nachdem er jedoch die Überraschung verarbeitet hatte, fing auch er an Lunte zu riechen. Ich hatte bei ihm offene Türen eingerannt. Seitdem stand für uns beide das Projekt London fest und wir arbeiteten zielgerichtet darauf hin. Hierfür bestimmt wurde ziemlich rasch das Jahr 1996, und zwar das gesamte Kalenderjahr, also beginnend mit dem 1. Januar und eigentlich endend mit dem 31. Dezember, was jedoch von mir zu Gunsten eines bei uns traditionell sehr familiären Weihnachtsfestes um ganze neun Tage gestutzt wurde. Bis zum Jahreswechsel mussten wir uns um die Untervermietung unserer Wohnungen gekümmert und alle bürokratischen Belange wie Abmeldung beim Arbeitsamt, Beantragen von Urlaubssemestern an der Uni und Abschließen einer Krankenversicherung erledigt haben. Am kompliziertesten gestaltete sich die Suche nach Untermietern, da wir beide unsere Wohnungen nicht aufgeben wollten, also zwangsläufig untervermieten mussten. Ich hatte in der Zweiten Hand eine entsprechende Annonce aufgegeben und Sixtus‘ Domizil wurde zwischenzeitlich zur Telefonzentrale, da ich mir den Luxus geleistet hatte kurz vor unserer Abreise noch einen Urlaub auf Bali einzuschieben. Bei ihm indes liefen die Drähte heiß und er hatte unter Vietnamesen, Mongolen, Tataren, Studenten und Geschäftsleuten geeignete Bewerber auszuwählen. Ich entschied mich nach meiner Rückkehr für einen Mongolen und Sixtus nahm einen tatarischen Studenten auf. Ärger hatte mein Partner noch mit einem gewissen Harry, über dessen Kapriolen noch einiges zu lesen sein wird (siehe 1. Kapitel). Im Café Fünf Ziegen stellte sich dann heraus, dass Kerstin, die Bekannte von Hildrun, ebenfalls Klientin bei Easy London gewesen war und dabei überwiegend recht gute Erfahrungen gesammelt hatte. Das schaffte Mut und versetzte uns geradezu in einen wahrhaft euphorischen Zustand. Wir fühlten uns wie Rennpferde in der Startbox. Im Dezember hatten wir bis auf das kleine Problem der Aufklärung von Sixtus‘ Familie alle Formalitäten soweit geklärt, dass wir sagen konnten: London - das Abenteuer kann beginnen!
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